Hilfe auf der Suche nach Frieden: Der Mönch Claude AnShin Thomas im Café Seegras. sg

Hilfe auf der Suche nach Frieden: Der Mönch Claude AnShin Thomas im Café Seegras. sg

Wege aus der Spirale der Gewalt

Nürtinger Zeitung über Café Seegras mit Claude AnShin Thomas

Der Zen-Mönch und Vietnamveteran Claude AnShin Thomas war zu Gast im Café Seegras

NÜRTINGEN. Die verschiedenen Formen des Buddhismus finden seit längerem auch in der westlichen Welt immer mehr Anhänger. Einen nicht unwesentlichen Anteil an diesem Popularitätsschub hat sicher der sympathisch wirkende 14. Dalai Lama, die derzeit höchste weltliche Autorität des tibetischen Buddhismus. Westliche Philosophen wie C. G. Jung, Martin Heidegger, Erich Fromm oder Arthur Schopenhauer empfanden vor allem die Beschäftigung mit dem Zen-Buddhismus als Bereicherung. Am Donnerstagabend konnte man nun im Café Seegras den Ausführungen des Zen-Mönchs Claude AnShin Thomas zum Thema Krieg beenden Frieden leben folgen.

SYLVIA GIERLICHS
Bevor der Amerikaner Claude AnShin Thomas die Zuhörer an seinen Gedanken über Krieg und Frieden teilhaben ließ, beschrieb er den Gästen seine geistige Entwicklung. Sein Leben sei von Gewalt geprägt gewesen. Bereits als 17-Jähriger sei er freiwillig in die US-Armee eingetreten und habe, weil er noch nicht volljährig war, die Einverständniserklärung seines Vaters gebraucht. Ich war nicht alt genug, um einen rechtlich bindenden Vertrag zu unterzeichnen, aber alt genug, um darin ausgebildet zu werden, über Leben und Tod zu entscheiden, machte der Referent den Zuhörern das Paradoxe dieser Situation deutlich.
Während seiner Zeit in der Armee sei er von der Ideologie der Institution vollkommen vereinnahmt worden. Heute jedoch wisse er, dass man Identität nicht über eine Ideologie erhalten könne.

Mit Krieg erhält man keinen Frieden

Mit dem provozierenden Satz: Im Namen der Ideologie wurde ich zum Mörder, begann Thomas seine Erfahrungen während des Vietnamkrieges zu beschreiben. Krieg sei jedoch niemals ein effektives Mittel, Frieden zu erhalten. In dieser Welt können wir jede Haltung und jede Meinung rechtfertigen, klagte er an. Deswegen könne am Ende auch Krieg gerechtfertigt werden. Wenn ich will, dass die Welt sich ändert, muss ich anders leben, erklärte Thomas den Gästen des Café Seegras. Das Entscheidende sei, sich in eine neue Denkweise hineinzuleben, nicht, sich in eine neue Lebensweise hineinzudenken.
Claude AnShin Thomas, der in Auschwitz ordiniert wurde, lebt als Bettelmönch von den Spenden, die er von seinen Mitmenschen erhält. Eine seiner Übungen, erklärte der Mönch, sei das Pilgern.

Zwischen 24 000 und 26 000 Kilometer habe er bereits zurückgelegt, sei etwa von Auschwitz nach Vietnam gelaufen und habe an den ehemaligen Kriegsschauplätzen heilige Rituale zelebriert. Fundamentalismus, egal wie er sich ausdrücke, sei Unsicherheit, große Angst vor dem Unbekannten.
Dennoch müsse man nicht ständig nach den Quellen der Angst suchen, denn sie würde nicht einfach aufhören, weil man die Ursache kenne. Ich bin für das verantwortlich, was ich bin und was ich daraus mache, erklärte Thomas, der seinen gesamten Vortrag wie ein Ritual zelebrierte und seine Zuhörer sichtlich beeindruckte.

Zen ist eine ursprünglich aus China stammende Form des Buddhismus, die ab dem 12. Jahrhundert auch in Japan auftrat. Sie bezeichnet eine Einsicht jenseits der Vernunft und ist eng mit der persönlichen Lebensweise jedes Einzelnen verbunden. Gegensätze wie gut böse werden abgelehnt, die einzige Maxime ist die Vermeidung des Tötens.

Ewigkeit des Augenblicks

Zen wird auch als Ewigkeit des Augenblicks bezeichnet. Während der Meditation lösen sich Vergangenheit und Zukunft in eine Zeitlosigkeit auf, in der es kein ich mehr geben sollte. Zen-Schüler sollen ihr selbstbezogenes Denken, das Selbst aufgeben. Wie Claude AnShin Thomas erklärte, sei jedoch der Weg das Ziel, die Übung dieser schweren Aufgabe sei bereits Erfüllung.