Sven Simon und Thomas Oser (von links) freuen sich über die Auszeichnung Ei der Heckschnärre, die sie vom früheren Nürtinger SPD-Vorsitzenden Hans-Wolfgang Wetzel und der aktuellen SPD-Chefin Bärbel Kehl-Maurer überreicht bekommen. Foto: Horst Rudel

Ohne erhobenen Zeigefinger

Nürtingen: Der SPD-Preis „Ei der Heckschnärre“ geht an Sven Simon und Thomas Oser. Im Forum zukunftsfähiges Nürtingen setzen sie sich für einen nachhaltigen Lebensstil ein.

Von Wolfgang Berger - Stuttgarter Zeitung vom 2. März 2017

Nürtingen - Zunehmende Umweltprobleme, sich verschärfende soziale Spannungen – angesichts solcher Probleme könnte man gerade als junger Mensch leicht resignieren, meinte Frieder Rieger am Mittwochabend in der Nürtinger Kreuzkirche. Doch statt sich voller Frustration ins Private zurückzuziehen, nehme er sich ein Beispiel an Thomas Oser und Sven Simon, sagte der angehende Abiturient und Vorsitzende des Nürtinger Jugendrats in seiner Laudatio auf die beiden frischgebackenen Preisträger des Eis der Heckschnärre.

Der Philosoph Thomas Oser und der Architekt Sven Simon haben die Auszeichnung der örtlichen SPD für ihr „wegweisendes Engagement“ im Forum zukunftsfähiges Nürtingen erhalten, so die Begründung. Innerhalb des Forums machen sich seit drei Jahren verschiedene Gruppen nicht nur Gedanken über eine nachhaltige Entwicklung, sondern setzen diese auch in die Tat um. Beispiele dafür sind das Repair Café, der Hopfenhof mit seinem alternativen Ansatz einer „solidarischen Landwirtschaft“ oder das Fair-Fashion-Projekt.
„Packen wir es an“ ist die Botschaft des Forums.

Einmal im Monat treffen sich die Unterstützer der Initiative, um sich über laufende und künftige Vorhaben auszutauschen und zu beraten. In der „Zukünftigen Suppenküche“, so die Bezeichnung für den Gedankenaustausch, laufen die Fäden bei Simon und Oser zusammen. Sie moderieren und geben Denkanstöße, „nicht mit erhobenem Zeigefinger und Schwermut, sondern die Ärmel hochgekrempelt und mit Spaß“, wie Bernhard Wiesmeier, der Fachbereichsleiter Gesellschaft und Leben an der Volkshochschule Esslingen, in seiner Laudatio hervorhob.

Wie sein Co-Laudator Frieder Rieger beeindruckt auch Bernhard Wiesmeier die Haltung, mit der die Geehrten ans Werk gingen. „Packen wir es an, die Zukunft ist gestaltbar“ – das sei die zentrale Botschaft, die von den Preisträgern und dem Nürtinger Forum ausgehe.
Nürtingen soll zu einer Modellkommune werden.

„Ökologisch verantwortlich“, „sozial gerecht“ und „kulturell reich“ – diese Schlagwörter machen im Kern das Leitbild des Forums zukunftsfähiges Nürtingen aus. Dieser Prämisse folgend soll sich die Hölderlinstadt zu einer „Modellkommune für nachhaltiges und erfüllendes Leben“ entwickeln, wie es in der Selbstbeschreibung des Forums heißt. Sven Simons und Thomas Osers Mitstreiterin Katharina Roth zufolge lädt das Netzwerk ein, in größeren Zusammenhängen zu denken. Was bisher in Nischen erprobt wird, so Thomas Oser, soll künftig in die Breite wirken. Dass das Netzwerk auf die Kooperation unter anderem mit der Volkshochschule, der Hochschule Nürtingen, dem Trägerverein freies Kinderhaus oder dem Klimaschutzmanager der Stadt Nürtingen zählen kann, bildet die Voraussetzung, um diesem Ziel näherzukommen.

Mit dem Ei der Heckschnärre werden seit drei Jahrzehnten Menschen geehrt, die ihr Revier, so wie es dem Nürtinger Symbolvogel nachgesagt wird, „hochaufgerichtet und laut schnärrend“ verteidigen. Laute Töne sind Thomas Osers und Sven Simons Sache zwar eher nicht zu, dafür reagierten sie mit der von ihnen geschaffenen Plattform aber „ausdauernd und überzeugend“ auf die Herausforderungen unserer Zeit und gäben darauf Antworten, heißt es in der Würdigung der örtlichen SPD.