Wer zuletzt erbt, erbt am besten

Nürtinger Zeitung über die Premiere von "Der letzte Wille"

Städtleskomede Neuffen feierte Premiere von „D‘r ledschde Wille“

NEUFFEN (jwo). Vor ausverkauftem Saal fand am Freitagabend die Premiere der Städtleskomede in der Neuffener Stadthalle statt. Regisseur Thomas Oser inszenierte „D‘r ledschde Wille“ von Fitzgerald Kusz – ein Erbstreit in fünf Akten.

Vernünftige Leute schalten ihr Handy während der Vorstellung aus. Die restlichen bitten die beiden Nachwuchsschauspielerinnen Ann-Kathrin Buck und Sandra Zimmermann in ihrem Vorstück darum. Die beiden spielen die Großnichten der verstorbenen Tante Martha: Eva und Laura Pöhlmann. Während die Eltern auf der Beerdigung sind, vertreiben sich die beiden mit pubertärem Geschwätz, natürlich auf schwäbisch, über Nagellack und „Verbotene Liebe“ die Zeit.

Der Vorhang geht auf, die fröhlichen Hinterbliebenen finden sich in Tante Marthas Wohnzimmer ein. Während alle mehr oder minder pflichtbewusst die Schweigeminute hinter sich bringen, untersucht die Schwester Olga Wolz (überzeugend gespielt von Ute Pfisterer) schon einmal den Bestand an Porzellan. Von ihren Eltern sei es, will sie ihrer Tochter Ursel (Rebecca Pfisterer) und ihrem Sohn Kurt Wolz (Thomas Pfisterer) erklären, doch dieser ist schon mit der gesetzlichen Erbfolge beschäftigt.

Denn Tante Marthas raffgieriger Neffe Heinz Pöhlmann (lauthals gespielt von Walter Woitzik) liest die entsprechenden Zeilen im Gesetzbuch vor. Seiner Meinung nach steht ihm kraft Gesetzes die Hälfte des Erbes zu, während die anderen sich die andere Hälfte aufteilen können. Seine unterdrückte Ehefrau Karin (kleinlaut gespielt von Gertrud Zimmermann) ist dagegen und will lieber nach Hause, nach den Kindern sehen, wird aber von ihrem Ehemann schnell zum Schweigen gebracht. Das Erbe bleibt zu diskutieren, und da die beiden sich ohnehin nicht leiden können, geben sich Kurt und Heinz die Hand darauf, die Sache wie Geschäftsleute möglichst schnell abzuwickeln.

Doch dann taucht Marthas anderer Neffe und schwarzes Schaf der Familie Klaus Schneider (originell gespielt von Dieter Puskas) auf und bringt alles durcheinander.

Während Hausmeisterin Erika Rau (überzeugend interpretiert von Ulla Kien) Tante Marthas Habseligkeiten in Kisten packt, stoßen die Erbschleicher schon mal auf den Sieg an: „Hi, ha , ho, der Klaus, der ist k.o.!“ Kurts labile Ehefrau Siggi (selbstbewusst gespielt von Katja Reichert) freundet sich sofort mit Marthas Pelzmänteln und der Reizwäsche an. Doch die Familie weiß noch nicht, welche Überraschungen Tante Martha selbst nach ihrem Tod noch für sie auf Lager hat...

Mit einem liebevoll ausgestatteten Bühnenbild und Schauspielern, die mit sichtlicher Freude bei der Sache sind, hat die Städtleskomede Neuffen auch in diesem Jahr ein abwechslungsreiches, heiteres Stück auf die Bühne gebracht.

Regisseur Thomas Oser ist es gelungen, aus der eigentlich bitterbösen Satire die humorvollen Seiten hervorzuheben. Die Aktiven der Städtleskomede wollen die Leute unterhalten und dabei schadet es auch nicht, im Lachen den realen Hintergrund zu erkennen. In jeder Freude steckt auch Trauer und alles Schlechte im Leben hat auch sein Gutes.